Beiträge aus dem
Schuljahr 2006 / 2007
Mit Gesang, Schweiß und Tanz gegen AIDS
Die KAKAU-Band war zu Gast in der Diözese Eichstätt. Am 16.10.2006 machte die Band aus Tansania Station im Gymnasium Beilngries.
„Westdeutschland hat in den ersten Jahren nach der Wiedervereinigung mehr Geld für den Aufbau des Ostens aufgebracht als ganz Europa in derselben Zeit für Afrika.“ Konstatierte der schwedische Erfolgsautor Henning Mankell über Aids in Afrika in einem Interview mit der FAZ am 20. Oktober 2006. Missio thematisiert im Oktober, dem Monat der Weltmission, das Engagement der katholischen Kirche in Afrika für Menschen, die von HIV/Aids betroffen sind. Auf ihrer Reise durch die bayerischen Diözesen machten die Ordensfrau Schwester Veronika Petri, die sich der Seelsorge und Hilfe von Aids-Opfern widmet, und die KAKAU-Band unter anderem auch im Gymnasium Beilngries Station.Der Rhythmus von Trommeln und Trillerpfeifen, wie sie auch Samba-Musiker verwenden, das Stampfen nackter Füße auf dem Steinboden, lassen den kühlen, noch jungen Betonkörper des Beilngrieser Gymnasiums erzittern. Der Vortänzer der KAKAU-Band springt zwischen die dichtgedrängt sitzenden Schüler der 9. Klassen. Ihm folgen die anderen Tänzerinnen und Tänzer in afrikanische Stoffdrucke gehüllt. Sie tragen darüber die blauen T-Shirts mit dem Aufdruck der Diözese Bukoba im Norden Tansanias. Auch wenn die Band aus Tansania vielleicht eine Assoziation mit der Exportware Kakao nahe legen könnte, hat der Name KAKAU-Band einen ganz anderen Hintergrund. KAKAU ist die Abkürzung für das Programm der katholischen Kirche zur Bekämpfung von Aids in der Landessprache Suaheli.
Als die Zahl der Aids-Kranken Mitte der 90er Jahre um die Stadt Bukoba drastisch zunahm, rief die katholische Kirche das KAKAU-Projekt ins Leben. In jedem Dorf engagieren sich Mitglieder der Kirchengemeinden ehrenamtlich: sie unterstützen Aids-Waisen und klären über HIV/Aids auf.
Lange war Aids in Tansania ein Tabu-Thema. Das hat sich durch das KAKAU-Projekt geändert. Vor allem Jugendliche werden durch die mitreißenden Rhythmen, den Gesang und die szenischen Einlagen mit der Gefahr „Aids“ konfrontiert. Die Mitglieder der Truppe arbeiten sehr professionell und sind doch alle ehrenamtlich tätig. Ihre Musik war wochenlang auf Platz eins der Musik-Charts ihres Landes.Immer wieder rufen die Bandmitglieder „Mambo Boa“ und fordern die Schüler klatschend auf, zu antworten. Die stimmen nach nur kurzer Zurückhaltung ein. Nach akrobatisch anmutenden Tanzeinlagen treten die Tänzer ab und ein junger Mann torkelt in den Raum. Ein junges Mädchen tritt hinzu. Den Schülern wird schnell klar, wie man an ihrem erläuternden Flüstern hören kann, dass es sich um Preisverhandlungen für „käufliche Liebe“ handelt. In der nun folgenden Szene ist das Mädchen vom Lande schwanger und klagt verzweifelt, dass sie vom Tode des möglichen Kindsvaters gehört habe. Und der sei an SILIMU (das ist der Ausdruck für Aids in der Sprache Haya, die die meisten Menschen in der Gegend sprechen) gestorben. Was denn nun aus ihr und dem Kind werden solle. In einer weiteren Szene wird ein in Stoff gewickelter Mensch hereingetragen. Die Umstehenden reden mit der schwangeren jungen Frau. „Warum hast Du Dich auf den Mann eingelassen? Wie alt bist Du denn? Weißt Du sicher, dass er der Vater des Kindes ist?“ Die Mitarbeiter des KAKAU-Projekts, die sich hier selbst spielen, erfahren jetzt, dass das Mädchen erst siebzehn ist und sieben mögliche Väter sieht, vom Land kommt, keinen Beruf hat und nun nicht weiter weiß. Wie in der Realität, raten sie ihr, sich erst einmal untersuchen zu lassen und verweisen auf die Hilfen, die die katholische Kirche bietet. Der in orange leuchtende junge Mann, der dem Mädchen trotz ihrer aussichtslos erscheinenden Lage Perspektiven aufzuzeigen versucht, erläutert den Schülern der neunten Klassen, was Aids bedeutet. Ebenso, wie sie es auf ihren Reisen durch das Land tun, fragt er sie, ob sie wüssten wie Aids übertragen würde. Ein wenig verlegen antwortet eines der mutigen Mädchen. Im Fragen wird den Schülern deutlich, was sie zum Thema Aids wissen oder eben nicht wissen. So wird auf anschauliche Weise klar, wie die KAKAU-Band Aufklärungsarbeit betreibt. Jede Woche gibt es Auftritte in Schulen, auf Märkten, bei Priesterjubiläen und sogar auf Hochzeiten. „Besonders die Tanzeinlagen ziehen die Massen an, das ist wichtig“, erklärt der KAKAU-Mitarbeiter, „denn wir möchten möglichst viele Menschen erreichen. Unsere Hilfe richtet sich an alle, egal zu welcher Konfession oder Religion sie gehören.“In einem der Lieder der Band heißt es: „He, Du sagst doch immer, Dir wird schon nichts passieren,... Aber wenn Du so weitermachst, dann wirst Du brechen wie ein trockener Stock...
Wir werden Dich sterben sehen wie ein Blatt, das verwelkt...
Durch Deine Art zu leben,
verbreitest Du Aids...
Du wirst Deine Familie in tiefe Trauer stürzen:
Auf eine sehr nahe und unmittelbare Weise vermittelt der junge Mann aus Tansania den Schülern hier seine Botschaft. Auch wenn einige zunächst vielleicht aufgrund der englischen Sprache zunächst nicht alles verstehen, so wird ihnen doch ganz klar, wie die KAKAU-Leute arbeiten. Es ist ihnen wichtig, Aufklärungsarbeit zu leisten, aber auch den Zusammenhalt der Gemeinschaft zu stärken. Solidarität wird hier tatsächlich nicht gepredigt, sondern gelebt.
Ulrike Schurr-Schöpfel